Home » Nachrichten » Archiv » Droht der Schule in Gehülz das „Aus“? – Blick in die Schulgeschichte 

Droht der Schule in Gehülz das „Aus“? – Ein Blick in die Schulgeschichte

Anfang 2009 wurden im Kronacher Rathaus die Vorschläge des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands zur Haushaltskonsolidierung der Stadt Kronach vorgestellt. Auf der veröffentlichten Vorschlagsliste, die man angesichts der unpopulären Maßnahmen mitunter „Giftliste“ nannte, fand sich auch der Punkt „Zusammenlegung von Grundschulstandorten“.

„Das ‚Aus’ für Dorfschulen?“ titelte die Neue Presse (NP) Kronach, als sie in ihrer Ausgabe vom 13. Juni 2009 die Thematik aufgriff. Über den Stadtteilen Gehülz (dortige Schule links im Bild) und Neuses hingen dunkle Wolken, schrieb Eva Fiedler. „Rückläufige Schülerzahlen“ heiße die düstere Prognose, die von einem weiteren, bedeutungsschweren Begriff gefolgt werde: Haushaltssicherungskonzept.

Für den 1. Bürgermeister hat die Cranach-Schule Vorrang
„Der Bäcker, der Metzger, der Kindergarten, die Schule und die Kirche – das alles macht das Leben im Dorf aus“, räumte Erster Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) ein. Zur Diskussion um eine eventuelle Schließung der Grundschule in Gehülz oder derjenigen in Neuses versicherte er laut NP, dass sich der Stadtrat die Entscheidung im Rahmen eines Gesamtschulkonzepts nicht leicht machen werde. Doch notfalls müsse er, Beiergrößlein, auch zu unbeliebten Maßnahmen stehen. Klar sei, dass für ihn „die Kreisstadt Priorität haben muss“. Dort, in „Kern-Kronach“, werde zunächst die Lucas-Cranach-Schule generalsaniert.
Laut Fränkischem Tag Kronach vom 15. Juni 2009 erklärte Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein, „dass nicht sowohl die Schüler aus Gehülz als auch die aus Neuses in der Kronacher Lucas-Cranach-Schule untergebracht werden könnten“, was noch einmal die Konkurrenzsituation zwischen den beiden Stadtteilen verdeutlichte. Wie ernst die vom Prüfungsverband empfohlene Schließung einer Stadtteilgrundschule zu nehmen sei, umschrieb der Erste Bürgermeister laut NP vom 16. Juni 2009 mit den Worten: „Der Freistaat streicht uns sonst Gelder, die wir dringend benötigen.“

Der 3. Bürgermeister setzt auf weiterhin drei Schulorte
Der Dritte Bürgermeister und Gehülzer SPD-Stadtrat Hans Simon ging gegenüber den „Haßlacherberg-Internet-Nachrichten“ (HIN) am 14. Juni 2009 davon aus, dass alle drei derzeitigen Grundschulen wohl bis 2012 unangetastet bleiben, zumal Lucas-Cranach-Schüler während der Sanierungsarbeiten voraussichtlich in die Stadtteilschulen „ausgelagert“ werden sollen. 2012 sei mit stadtweit rund 120 Grundschülern weniger als heute zu rechnen – eine Zahl, die die Größenordnung einer der beiden Stadtteilschulen sogar übersteige. Gleichwohl setze er, Simon, darauf, auch danach die Gehülzer und die Neuseser Schule neben der Lucas-Cranach-Schule zu erhalten und damit den Anliegen wohnortnaher Beschulung und kleinerer Klassen Rechnung zu tragen.

Für das Schulamt sind Gehülz und Neuses gleichwertig
Angenommen, man muss sich zwischen der Gehülzer und der Neuseser Grundschule entscheiden: Wäre dann aus schulamtlicher und aus pädagogischer Sicht eine der beiden Schulen vorzuziehen? Das wollte die Redaktion der „Haßlacherberg-Internet-Nachrichten“ (HIN) von Schulamtsdirektorin Maria Klaus wissen. In einem Gespräch am 15. Juni 2009 sagte die fachliche Leiterin des Kronacher Schulamtes, nach ihrem bisherigen Kenntnisstand seien beide Stadtteilgrundschulen gleichwertig.
Kaum zu vertreten sei es, an einer Stadtteilschule sehr kleine Klassen aufrechtzuerhalten, die in keinem Verhältnis zu den sonstigen Klassenstärken stehen, erklärte die Schulamtschefin. Unter Umständen könnten Schülereltern in Gehülz vor die Frage gestellt werden, was für sie das geringere Übel wäre: wenn man im eigenen Ort den Schulbetrieb einstellen oder Kombiklassen für jeweils zwei Jahrgangsstufen einführen würde. Ob durch die Auflösung einer Stadtteilgrundschule, die unter anderem einen höheren Schülerbeförderungsaufwand nach sich ziehe, der Einsparungseffekt wirklich so stark sei, müsse erst einmal durchgerechnet werden, sagte die Schulamtsdirektorin.
An der Volksschule Gehülz-Ziegelerden wird die derzeitige Zahl von 92 Schülerinnen und Schülern nach Angaben von Maria Klaus zurückgehen auf 89 im Schuljahr 2009/10.

ZUR WEITEREN ENTWICKLUNG: Aktionsgemeinschaft für den Erhalt der Volksschule Gehülz-Ziegelerden 

Ein Blick in die Schulgeschichte:
Bekenntnisschule, Verbandsschule, Grund- und Teilhauptschule

Bernd Graf wirft einen kurzen Blick in die Geschichte der Gehülzer Volksschule: Ihr älterer Gebäudeteil aus Sandsteinquadern entstand 1910/11 als zweite katholische unter insgesamt drei Schulen in der Gemeinde Gehülz. Daran „angehängt“ wurde 1964/65 der Erweiterungsbau für die „organisatorisch nicht getrennte katholische und evangelische Bekenntnisschule“ von Gehülz, die damit alle örtlichen Schulklassen unter einem Dach vereinigte.
1969 wurde für die Gemeinden Gehülz und Ziegelerden eine gemeinsame Volksschule (Verbandsschule) mit der Bezeichnung „Volksschule Gehülz-Ziegelerden“ eingeführt. Fünf Klassen wurden im Gehülzer, drei im Ziegelerdener Schulhaus unterrichtet. Letzteres war 1962/63 als Erweiterungsbau des Schulgebäudes von 1905 entstanden. 1971 kam es zur Bildung der Grund- und Teilhauptschule I Gehülz mit den Klassen 1 bis 6 und den Schulorten Gehülz und Ziegelerden. 1977/78 wurde die Gehülzer Schulturnhalle angebaut.
Den Schulbetrieb im Ziegelerdener Schulhaus stellte man 1998 ein. Im Folgejahr wurde das Gehülzer Schulhaus saniert. Als an der Jahrtausendwende Maßnahmen gegen die Bestandsgefährdung der Teilhauptschule I in Gehülz geprüft wurden, weigerten sich Schülereltern in Seelach, Seelabach und Knellendorf gegen eine Umschulung ihrer Kinder von Kronach nach Gehülz. Nachdem geburtenschwache Jahrgänge vorgeschriebene Mindestschülerzahlen in Gehülz nicht erreichen ließen, war die Volksschule Gehülz-Ziegelerden ab Schuljahr 2004/05 de facto nur noch Grundschule.
Da gerade von Seelach und Knellendorf die Rede war, darf schließlich noch daran erinnert werden, dass die Schulkinder aus den Gemeinden Seelach und Knellendorf sowie aus dem Burgstaller Gemeindeteil Rotschreuth überwiegend ein gemeinsames Schulhaus im Seelacher Gemeindeteil Dennach besuchten (die Knellendorfer bis 1910). Anstelle dieses Hauses wurde 1928/29 das Schulgebäude in Seelach errichtet, in dem bis 1966 einklassiger Schulbetrieb stattfand. Danach gingen die Seelacher in Kronach und die Rotschreuther in Gehülz zur Schule.

Veröffentlicht am 16. 6. 2009  /  Text und Foto: Bernd Graf