Home » Brauchtum/Mundart » Bräuche/Feiern » Osterbrunnen in Seelach (Ortsmitte) und Ziegelerden (Dorfplatz) 

Osterbrunnen in Seelach (Ortsmitte) und Ziegelerden (Dorfplatz)

 
Der Brunnen in Seelachs Ortsmitte wird seit den 1990er Jahren von der Frauengruppe Seelach als Osterbrunnen geschmückt (Bild links oben). Die vom Gartenbauverein Ziegelerden 2001 erstmals auf dem Dorfplatz aufgestellte Osterkrone ziert ab 2008 die dortige Brunnenschale des ehemaligen Ludwig-Kremer-Brunnens (Bild links unten).
Wir nehmen die Osterbrunnen in den Haßlacherberg-Stadtteilen zum Anlass, um nach Entwicklung und Bedeutung dieses Brauches zu fragen.

Erinnerung an die
einst mühsame Wasserbeschaffung

1322 forderte Gutsherr Mahkorn in Zettlitz, dass „wie bei den Vorfahren die Quellen und Brunnen an Ostern mit Grün geschmückt werden sollen, weil das neue Frühjahr kommt“. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde vom österlichen Brunnenschmücken im Bayreuther Umland berichtet. Nach 1900 begann die Brauchausübung in Orten der Fränkischen Schweiz (z. B. um 1909 in Aufseß), Mitte des 20. Jahrhunderts setzte ein Rückgang ein. Später erlebte der Brauch wieder einen Aufwind in Teilen der Frankenalb und boomte dann – verbunden mit der Botschaft „Wasser ist Leben“ – insbesondere in der Fränkischen Schweiz, wobei die neu erwachte Heimat- und Brauchtumspflege der 1980er Jahre eine Rolle spielte. Mittlerweile erfreut sich das Osterbrunnenschmücken auch in anderen Teilen (Ober-)Frankens und darüber hinaus großer Beliebtheit. Von der gleichmäßigen Verteilung dieses Brauches auf protestantische und katholische Orte schlossen manche auf ein hohes Alter. Viele hingegen sehen in den fränkischen Osterbrunnen eine Neuerfindung des frühen 20. Jahrhunderts.
Osterbrunnen erinnern an die einst mühsame Wasserbeschaffung, die das Alltagsleben gerade auch in den Haßlacherberg-Ortschaften prägte. Wenn fraenkische-osterbrunnen.de auf eine Zeit zurück blickt, „in der das Wasser noch aus den tiefen Tälern recht mühsam auf die lang gestreckten Höhen geschafft werden musste“, dann ähnelt das Beschriebene den früheren Verhältnissen in der „Haßlacherberg-Heimat“, wobei einem allerdings auch Phänomene wie das des Zollbrunnens mit seiner ehemals „nie versiegenden“ Quelle auf der Hochfläche in den Sinn kommen.

Christliche Wasser-, Quellen- und Brunnen-Symbolik
Nach christlichem Verständnis würdigen Ostenbrunnen das kostbare Nass als gute Gabe Gottes. Sie verbinden die Leben spendende Kraft des Wassers mit der österlichen Auferstehungsfreude. Schier unerschöpflich ist die christliche Wasser-, Quellen- und Brunnen-Symbolik. Der „Brunnen des Lebendigen“ (Genesis 16, 14) und Gottes Verheißung, den Durstigen von dem „Brunnen des lebendigen Wassers“ umsonst geben zu wollen (Offenbarung 21, 6), werden mit dem Ostergeschehen bzw. mit dem auferstandenen Christus in Verbindung gebracht. Neben frischem Grün, Blumen und bunten Bändern gehören zum österlichen Brunnenschmuck bunte Eier als dominantes Schmuckelement und als Zeichen für werdendes und nach dem Tod verheißenes Leben.
Ob man bei den Wurzeln des Osterbrunnen-Brauches auf die vorchristliche Verehrung von Quellgottheiten zurückgreifen muss, ist fraglich bzw. eher zu verneinen. Dennoch wird in diesem Zusammenhang häufig darauf verwiesen, dass unsere Vorfahren das Wasser ehrten, damit es gnädig gesinnt bleibe und für die Menschen auch in Zukunft rein fließe und sie erquicke. Verehrung, Dank und Bitte waren in dem einstigen Frühlingsbrauch des Brunnen- und Quellenschmückens vereint. Auf www.historisches-franken.de wird die Auffassung vertreten, „dass der Brauch des Osterbrunnen-Schmückens tatsächlich seine Wurzeln im frühen Mittelalter hat, als die slawischen Siedler auch im heutigen Oberfranken einer Quellengottheit im Frühling, zur Zeit des Erwachens der Natur, die Wasserstellen mit frischem Grün schmückten“.

Österliche Ortsverschönerung und Gemeinschaftspflege
Laut „Oberfränkisches Brauchtum in alter und neuer Zeit“ (Bayreuth 1994) geht es beim Osterbrunnen-Brauch um „das Schmücken der fließenden Brunnen“. Längst schon werden auch solche Brunnen geschmückt, die kein Quellwasser (mehr) liefern bzw. die nicht mehr für die Wasserversorgung genutzt werden. In „Heil(ig)es Brauchtum?“ (München 1998) wird von Klagen darüber berichtet, dass im Fränkischen zu Ostern wegen des Fremdenverkehrs auch schon lange nicht mehr genutzte Brunnen geschmückt werden. Dazu stellt Autor Herbert Rauchenecker fest: „Man wird diese Dinge kaum ändern. Sie haben ihre Akzeptanz gefunden.“ Vielfach wird beim Brauch des Brunnenschmückens der Aspekt der österlichen Ortsverschönerung und (Dorf-)Gemeinschaftspflege betont. Vor allem in der Fränkischen Schweiz hat sich dieser Brauch zu einem nicht unerheblichen Wirtschaftsfaktor entwickelt, was manche als sinnentleerendes Konsumverhalten kritisieren.
Am Beispiel Südthüringens, wohin die „Osterbrunnenwelle“ in den 1990er Jahren „überschwappte“, belegte das „Freie Wort“ am 11. 4. 2001, dass dieser „neue Brauch“ eine historische Entsprechung hatte: geschmückte Brunnen zur Feier der „Brunnenfege“ (Reinigung) meist zu Pfingsten (üblich bis um 1900). Auch in der Fränkischen Schweiz war das „Brunnenputzen“ üblich, das dort laut www.osterbrunnen.de die Dorfburschen am Sonntag vor Ostern vornahmen. Junge Bäumchen wurden von den Mädchen im heiratsfähigen Alter mit bunten Eiern und Papierbändern geschmückt und von den Burschen in einem feierlichen Akt am Brunnen aufgestellt.

Brauchherkunft ungeklärt – Brauchausübung sehr beliebt
„Trotz ungeklärter Herkunft, widersprüchlichen wissenschaftlichen Theorien und dürftiger Quellenlage ist das Schmücken der Osterbrunnen in der Fränkischen Schweiz beliebter denn je“, heißt es in „Brauch des Monats“ auf www.heimat-bayern.de. Diese Erkenntnis dürfte ansatzweise auch auf die „Haßlacherberg-Heimat“ übertragbar sein.
„Fränkisches Brauchtum hält Einzug in Oberbayern!“ war ein Bericht zum Ingolstädter Osterbrunnen vom Jahr 2000 überschrieben. „Schöner Brauch oder ‚aufg’setzte’ Idee?“ lautete dazu eine im „Donaukurier“ diskutierte Frage. Der Stadtheimatpfleger meinte, der Brauch, zu Ostern die Brunnen zu schmücken, habe in wasserarmen Gegenden Frankens seinen Sinn, „aber ein paar Meter von der Donau entfernt einen Brunnen zu schmücken, hat mit der ursprünglichen Symbolik nichts zu tun und ist eigentlich unsinnig“.
(bg. / 20. 4. 2009)

 
Viele führten einen Osterspaziergang zum Ziegelerdener Dorfplatz durch, wo der bekrönte und geschmückte Osterbrunnen den Mittelpunkt bildete. Vor den Augen der Osterhasenfamilie (links) und der Gartenbau-vereinsvorsitzenden Margit Schramm (rechts) vergnügten sich die Kinder mit Bällen. Aber auch mit Ostereiern
wurden sie beschenkt. Foto: Ralf Völkl – Fotos oben: Bernd Graf – Diese 3 Fotos von 2009